Mädchenpower dreht Spitzenspiel in Halbzeit 2 und übernimmt die alleinige Tabellenführung

  1. Akt: Vorspiel

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, lautet eine Weisheit eines berühmten Kollegen. Und so stecken Tanja, Björn und ich noch in Oberpleis die Köpfe zusammen, was wir gegen Erftstadt noch verbessern müssen und legen schon mal grob die Trainingsinhalte der nächsten Woche fest. Immerhin trifft der beste Angriff (HVE: 169 Tore) auf die beste Abwehr (TVP: 47 Gegentore).

Beim Dienstagstraining dann ein Schock: beim Spielzugtraining verstaucht sich Yasmine den Knöchel. Gerade ihre Erftstädter Gegenspielerin (Nr. 8) ist eine sehr große wurfgewaltige Linkshänderin, die wir beim spionieren (HVE gegen Poppelsdorf) als gefährlich ausgemacht haben und die eng und gut gedeckt werden muß.

Donnerstag: Yasmine ist da, kann aber nicht trainieren. Wir diskutieren die Alternativen und auch schon mal vorsorglich ein 4:2-Angriffsystem.

Samstagmorgen: Beim Sondertraining ist Yasmine da, wirft ein paar 7-Meter, Einsatz unklar. Sie selbst will auf alle Fälle spielen. Wir trainieren die Kreisläufer, üben noch mal Spielzüge. Björn bereitet schon mal darauf vor, daß möglicherweise nicht alle werden spielen können.

Samstagabend: Das OK für den Einsatz von Yasmine kommt.

 

  1. Akt: Vor dem Spiel und 1. Halbzeit

Die Begrüßung der Gegner fällt sehr herzlich aus, Michael und Karin Bunk sind bei uns bekannt und beliebt. Die Halle füllt sich, es werden ca. 120 Zuschauer sein. Bei einem D-Jugend-Spiel! Ein Trommler auf TVP-Seite ist auch dabei. Das Aufwärmen verläuft reibungslos, bei der Besprechung weisen wir noch einmal auf die Erftstädter Stärken hin: groß, kampfstark und schnell. Letzte Anweisungen: keine „Bogenlampen“, kein klein-klein, nach unten zielen; sichere Pässe und das gewohnt schnelle Palmersheimer Spiel sollen den Erfolg bringen. Die Luft in der Kabine ist vor Spannung elektrisiert, das gebrüllte „Ja“ auf die Frage „Ist das klar?“ lässt schon fast die Mauern erbeben…

Anpfiff, HVE mit Anwurf. Ein hervorragender Auftakt, Yasmine schnappt sich gleich den ersten Ball und geht auf und davon, 1:0, so darf es gerne weitergehen. Auch der zweite Angriff des HVE klappt nicht besonders, allerdings kann Franzi den Ball beim TG nicht festhalten. Danach zeigt Erftstadt uns erstmal die Grenzen auf, macht hinten dicht und trifft vorne mit schnellem Spiel, nach 3:20 Minuten liegen wir 1:3 hinten, ganz ungewohnt. Marei trifft mit einem Freiwurf über die Mauer zum 2:3, aber Erftstadt legt bis auf 5:2 vor (09:30). Vorne klappt bei uns ganz wenig, Franzi hat Schwierigkeiten, die Bälle festzuhalten, und Melli zieht 2x freistehend oben rechts drüber, was Björn ein „Unten hat noch keiner durchgeworfen“ entlockt. Tatsächlich trifft Melli unten im 3.Versuch zum 3:5. Emilia fängt einen Ball in der Mitte ab und schickt Yasmine auf die Reise, 4:5. Aber wieder kosten uns Unkonzentriertheiten vorne die Bälle, wieder kontert Erftstadt uns aus bis zum 4:7. Yasmine spielt Adriana frei, die sich wunderschön durchsetzt und (natürlich!) von links außen rechts lang zum 5:7 trifft. Immerhin hat sich jetzt unsere Abwehr sortiert, Melli macht ein Superspiel auf der Innenpositition und Hannah hält jetzt fast alles, nur vorne lässt Franzi den gefühlten 6. oder 7. Ball fallen, so daß sich beide Mannschaften 3 Minuten lang neutralisieren. Erftstadt stellt im Angriff ein bißchen um, der anschließende Spielzug bringt eine Überzahl rechts, und Hannah kann dem sehr gut geworfenen Ball nur hinterhergucken (5:8, gespielt 15:04). Wir nehmen bei 15:31 die Auszeit, beordern Franzi neben Melli an den Kreis. Unser Anhang, bis jetzt eher leise, spürt, daß wir Unterstützung brauchen, und jetzt sind die Anfeuerungsrufe von der Tribüne zu hören. Emilia setzt sich direkt nach der Auszeit nach Doppelpaß mit Yasmine sehr schön alleine durch und verkürzt zum 6:8. Danach rühren wir Beton in der Abwehr an, Erftstadt gelingt kein Durchbruch mehr, und so muß ein wirklich unhaltbarer 7-Meter zur Führung herhalten. Die  Maßnahme der Auszeit zeigt Wirkung, Marei nutzt den Platz auf der rechten Seite, doch Ihr Gewaltwurf landet nur am Pfosten, der alleine in der ersten Halbzeit 3x für die bereits geschlagene Torhüterin einspringen mußte. Doch Marei ist es auch, die erfolgreich spekuliert und den TG einleitet, den Yasmine am Ende unhaltbar abschließt. Noch 20 Sekunden zu spielen, jetzt nur kein Tor mehr, die Zuschauer feuern uns an, Erftstadt versucht es zwar, nimmt 8 Sekunden vor der Halbzeit noch die Auszeit, will die 3-Tore-Führung, doch Hannah pflückt den Ball sicher raus. 7:9 zur Pause.

 

  1. Akt: Halbzeit, Kabine

Etwas missmutig trabten die Mädels von der Platte. So ganz toll war die erste Halbzeit unsererseits auch nicht gewesen, zu viele nicht gefangene Bälle und vergebene Chancen. Dafür waren nur 9 Gegentore wirklich grandios, Hannah hat hinten so weit wie möglich dicht gehalten und die Abwehr insgesamt hat in den letzten 8 Minuten der Halbzeit nur 2 Tore zugelassen. Darauf sollte man aufbauen können. Aber der Klick im Kopf kommt bei den Mädels, als Björn erklärt, daß die Welt sich auch dann weiterdreht, wenn wir das Spiel verlieren. Helen spricht für die Bank und erklärt, daß die Punkte für alle wichtig sind es nicht schlimm ist, wenn sie heute nicht spielt. Applaus und Zustimmung.

Als taktische Maßnahme erklären wir Adriana, sich noch ein Stückchen weiter links außen zu halten, damit Yasmine sie freispielen kann, das 4:2 bleibt. Nahezu komplett verwandelt kommen die Mädels aus der Kabine, der Siegeswille ist jetzt auf allen Gesichtern zu sehen.

 

  1. Akt: 2. Halbzeit

Anwurf TVP, die taktische Anweisung macht sich sofort bezahlt, Adriana setzt sich nach der Finte von Yasmine durch, aber der Pfosten rettet wieder einmal. Jetzt wird aber in der Abwehr konsequent zugepackt, Erftstadt rennt sich jetzt nur noch fest. Der 2. Angriff bringt den Anschlusstreffer, wieder ist es die Kombination Yasmine/Adriana auf der linken Seite, und diesmal trifft Adriana lang rechts (wie sonst?).

Das Signal zur Aufholjagd! Hinten wird nichts mehr zugelassen, Emilia trifft wieder nur den Pfosten, Hannah hält sicher, wirft einen Paß bis fast an den anderen 9-Meter-Kreis, den Marei aufnimmt und zum umjubelten Ausgleich verwandelt, noch keine 3 Minuten in der 2. Hälfte gespielt. Die Halle ist jetzt ganz da, der Jubel steigert sich noch, als Erftstadt wieder und wieder nicht durchkommt. Melli ist zwar nicht nicht die körperlich Größte, aber jetzt der Turm in der Schlacht, hilft rechts und links aus, und was tatsächlich noch von sehr, sehr weit außen bei Adriana und Franzi durchkommt, landet ganz sicher in Hannahs Armen. Jetzt ist es ein echtes Spitzenspiel, beide Mannschaften kämpfen bis zum Äußersten (einen Schönheitspreis gibt es heute nicht zu gewinnen), aber dabei jederzeit fair und mit Respekt vor dem Gegenspieler. Handball vom Besten!!! Yasmine kann nur noch durch „Abwehr im Kreis“ gestoppt werden, Marei behält die Nerven und verwandelt, „coole Sau“ wie sie ist, den fälligen 7-Meter unhaltbar zur Führung. Jetzt hört man auch die Trommel, die Halle kocht, auch wenn Erftstadt fast im Gegenzug das erste Tor in der zweiten Halbzeit zum Ausgleich (10:10 bei 28:20) schafft. Yasmine setzt sich im Gegenzug alleine super gegen gleich 2 Gegenspielerinnen durch zur erneuten Führung, und dann beginnt die große Zeit von Franzi. In der ersten Halbzeit glücklos, zeigt sie, was sie kann. Endlich den Ball gefangen, die fast 2 Köpfe größere Gegenspielerin genarrt und oben rechts eingeworfen, die erste 2-Tore-Führung für uns in diesem Spiel. Tanja kann nicht mehr an sich halten und steht jetzt auf der Bank, und alle Spielerinnen auf der Bank stimmen in das „TVP, TVP“ mit ein. Erftstadt läßt sich davon nicht schocken, angetrieben von der Nummer 9 können sie den Anschluß wieder herstelllen – 13:12. Im nächsten Angriff leitet Emilia eine schöne 3er-Kombination ein, an deren Ende Franzi vollkommen frei den Paß von Yasmine bekommt und wieder unhaltbar einwirft, erneut 2 Tore vor! Erftstadt rennt sich in der Abwehr fest, ein Gerangel, am Ende hält die „Bodenkämpferin“ Emilia den Ball in der Hand. Freiwurf am eigenen Kreis, Ruhe reinbringen und langsam aufbauen. Franzi ist jetzt kaum noch zu halten, zieht gleich 2 Gegnerinnen auf sich und hat das Auge für Marei, die von rechts einzieht und den Hammer auspackt – 14:11, 32:48 Minuten gespielt. Michael Bunk reagiert und nimmt die Auszeit. Unsere stehen bereits 10 Sekunden vor dem Ende wieder auf der Platte, es wurde quasi nur getrunken. Der Angriff nach der Auszeit bringt eine Kombi der 2 größten Erftstädterinnen, die durchkommen und Hannah keine Chance lassen – 14:12. Noch 6 Minuten zu spielen, wird das tatsächlich reichen? Der Beton in unserer Abwehr ist jetzt Stahlbeton, Yasmine und Marei haben ihre Gegner fest im Griff, jeder hilft aus, es wird unermüdlich gekämpft, Erftstadt kommt zu keinem freien Wurf mehr, und wenn sich tatsächlich eine Gegenspielerin durchmogelt, ist Melli da und setzt das Stoppschild. Klappt auch das nicht, hält Hannah ihre Kiste tadellos sauber.

Vorne ist es erneut Franzi, die nach einem Dribbling durch die halbe Abwehr unter tosendem Beifall den 3-Tore-Vorsprung wieder herstellt. Hannah mit einer grandiosen Parade, der nächste Angriff rollt, Franzi wird von allen freigesperrt, Emilia spielt den Bodenpaß und Franzi lässt der Torhüterin nicht den Hauch einer Chance – 16:12. Jetzt gibt es auf Bank und Tribüne kein Halten mehr, 4 vor und noch 4 Minuten zu spielen, die Erftstädterinnen lassen ein wenig die Köpfe hängen, die letzte Konsequenz fehlt jetzt, das Spiel hat auch sie viel Kraft gekostet. Wir nehmen die letzte Auszeit, alles scheint gelaufen. Dann fängt 2 Minuten vor Schluß das Drama um Melina an, die hat wie eine Löwin in der Abwehr gekämpft, ist völlig entkräftet und unterzuckert, sieht kaum noch was, lässt sich aber auch nicht auswechseln. 90 Sekunden vor Schluß wirft sie einen Ball scheinbar unmotiviert dem Gegner in die Arme, TG und die arme Hannah hat alleine gegen die wurfgewaltige Angreiferin überhaupt keine Chance. Beim nächsten Angriff fast das gleiche Bild, und leider haben wir auf der Bank überhaupt nicht mitbekommen, wie schlecht es Melli geht, wir sehen nur das nächste Gegentor und bekommen leichten Bammel, noch 50 Sekunden zu spielen. Sollte es doch noch einmal eng werden? Der nächste Angriff wird ausgespielt, noch 20, wieder geht der Ball verloren, doch diesmal rettet die Latte für uns. Erftstadt ist geschlagen, 16:14, das Publikum zählt die letzten Sekunden runter, und danach kennt der Jubel keine Grenzen mehr. Kreistanz, und auch da sagt die tapfere Melli noch nichts, feiert mit und lässt sich feiern. Erst bei ihren Eltern auf der Tribüne lässt sie sich fallen… Aber Kämpferin, wie sie ist, kommt sie doch schnell wieder auf die Beine.

Ansonsten allerorten Umarmungen, Abklatschen und Schulterklopfen. Michael Bunk gratuliert uns zu dieser tollen Leistung, und die Trainer beider Teams sind sich einig, daß das ein echtes Spitzenspiel war.

Michael, ich weiß, daß Du das liest, wir freuen uns jetzt schon aufs Rückspiel bei Euch 😉

Unser Dank geht aber auch besonders an die Mädchen, die heute vergeblich auf Ihren Einsatz gehofft haben. Ihr seid ALLE zusammen ein super Team, und ALLE haben heute gewonnen, auch die, die nicht gespielt haben. Vergeßt das bitte nicht!!!!

  1. Akt, Nachspiel

Es hat unglaublich lange gedauert, bis ich nicht mehr so total unter Strom stand, das war in meiner bisher kurzen Trainer-Karriere das stressigste und emotionalste Spiel, aber auch eine unvergessliche Erfahrung. Beim chatten mit den Mädels 1 Stunde später vergieße ich tatsächlich ein paar Tränen vor Freude. Ich bin soooooo unglaublich stolz, Co-Trainer dieser Mannschaft sein zu dürfen….

Mädels, Ihr seid einfach spitze!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

 

Die alleinigen Tabellenführer der Kreisliga sind: Hannah; Adriana (2), Emilia (1), Franca, Franzi (4), Helen, Indira, Larissa, Laura, Maike, Marei (4/1), Melina (1), Nina, Yasmine (4)

 

Trainer: Björn, Peter, Tanja